Günter Behrendt ist der Initiator für den vermehrten Einsatz der Fahrradrikscha in der Grafschaft Nordhorn. An diesem Vormittag sind zahlreiche Nordhorner zu Fuß, mit dem Auto oder dem Fahrrad in den Straßen der Wasserstadt unterwegs, und ihre Blicke verraten viel. Ein auffälliges Fahrzeug mit leuchtend rotem Dach fährt durch die Innenstadt, während ein Mann eine Frau chauffiert. Es erinnert entfernt an ein Gefährt, das man eher in asiatischen Ländern im Alltag sieht. Doch es ist eine geschickte Kombination: Tatsächlich handelt es sich um eine Fahrradrikscha, die in Zukunft häufiger in der Grafschaft zum Einsatz kommen soll.
Vor zwei Jahren stieß der 59-jährige Nordhorner in der nordrhein-westfälischen Stadt Münster auf Fahrradtaxis, die dort Menschen mit eingeschränkter Mobilität beförderten. Während seines Spaziergangs um den Aasee traf er auf gleich acht Fahrer und kam mit ihnen ins Gespräch. Er erfuhr, dass sie ehrenamtlich ältere Menschen aus Seniorenheimen spazieren fuhren. Diese Begegnung ließ den sportbegeisterten Hobbyradler nicht mehr los. Als privater Kurierfahrer für eine Apotheke tätig, wurde er inspiriert, ein ähnliches Angebot auch in Nordhorn zu etablieren.
Im Landkreis gibt es viele Menschen, aus verschiedenen Gründen körperlich eingeschränkt, sei es aufgrund des Alters oder des Wohnorts in Heimen oder anderen Einrichtungen. Der Nordhorner nahm Kontakt mit dem Verein in Münster auf, um herauszufinden, woher sie die Rikscha bezogen hatten. Anschließend begab er sich auf die Suche nach Sponsoren, um seine Idee zu verwirklichen.
Die Anschaffung einer solchen Rikscha schlägt immerhin mit 7000 Euro zu Buche. Das Gefährt darf sowohl auf normalen Straßen als auch auf Fahrradwegen bewegt werden, und ein Führerschein ist nicht erforderlich. „Dennoch erfordert das Lenken sicherlich etwas Übung, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann“, betont Behrendt.
Die Rikscha bietet Platz für zwei Personen, und das Gefühl der Fahrt in der offenen Luft ist wirklich etwas Besonderes. Für eine Testfahrt starten wir vom GN am Coesfelder Hof in Richtung Färbereistraße. Unterwegs bemerken wir erstaunte und manchmal leicht amüsierte Blicke. Die Sitzgelegenheit ist bequem, und ein Anschnallgurt sorgt für Sicherheit gegen Herausfallen. Allerdings spürt man Schlaglöcher im Asphalt deutlich, es ruckelt etwas. „Es wird empfohlen, nicht schneller als 16 km/h zu fahren“, erklärt Günter Behrendt. Er würde auch keine weiteren Fahrer ohne entsprechende Schulung auf die Straße schicken. „Im Moment bin ich noch eine Ein-Mann-Show, aber Heinz Storteboom hat sich bereits als zweiter Freiwilliger gemeldet.“ Darüber hinaus sind sportliche Pedalritter, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, natürlich herzlich willkommen.
Testfahrer: David Korte, der mit der GMP-Stiftung die Finanzierung der Rikscha sicherte, und Ingrid Thole, Vorsitzende der Freiwilligenagentur Grafschaft Bentheim, die die Koordination von ehrenamtlichen Fahrern/innen und Interessentenanfragen übernimmt. Foto: Menzel
Die Ausfahrten mit der Rikscha in Nordhorn sind als nicht kommerzielle Unternehmungen gedacht. „Alles andere wäre zu weit“, betont Behrendt. Bei den Einsätzen denkt er beispielsweise an eine Fahrt rund um den Vechtesee, möglicherweise auch zu einem Fußballspiel auf dem Sportplatz, entlang des Nordhorn-Almelo-Kanals oder zum Tierpark. „Jeder sollte das Recht haben, den Wind in den Haaren zu spüren. Deshalb liegt es uns am Herzen, mobilitätseingeschränkten Menschen wieder die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und somit der Isolation und Einsamkeit entgegenzuwirken.“
Mit der GMP-Stiftung hat Günter Behrendt einen Sponsor gefunden, der sich bereit erklärt hat, das Projekt zu unterstützen. Stiftungsvorsitzender David Korte war schnell von der Idee überzeugt: „Ich kenne diese Rikschas auch aus Münster. Eine wirklich großartige Sache“, lobt er. Die Freiwilligenagentur Nordhorn übernimmt die Koordination und Organisation des Projekts. Sie bringt Interessenten und freiwillige Fahrer zusammen. Die Verkehrswacht stellt ihr Gelände für Fahr-Schulungen zur Verfügung, die von Günter Behrendt durchgeführt werden. Der Landkreis Grafschaft Bentheim übernimmt für zwei Jahre die Vollkasko-Versicherung für die Rikscha, und Ansgar Moß stellt eine Garage als sicheren Parkplatz für die Rikscha zur Verfügung.
Jetzt muss das Projekt nur noch Fahrt aufnehmen, wie der Initiator es ausdrückt. Dafür werden zunächst Freiwillige gesucht, die sich ehrenamtlich als Rikscha-Fahrer zur Verfügung stellen. Die Fahrten für die Interessenten sind kostenlos, jedoch wird eine kleine Spende gerne angenommen. Die Freiwilligenagentur Grafschaft Bentheim, Vechteaue 2, unter der Telefonnummer 05921 8198989 ist die zentrale Anlaufstelle für Meldungen und um beide Seiten miteinander zu verbinden.
Und wenn das Rikscha-Angebot erfolgreich angenommen wird, kann sich Günter Behrendt sogar vorstellen, ein zweites Fahrradtaxi anzuschaffen.
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